In allen Kulturen der Welt hat das Haar eine metaphorische Bedeutung und steht für Stärke, Gesundheit und Macht. Vor allem die vedischen Götter, Avatare und Helden der indischen Epen Ramayana und Mahabharata wurden mit langen Haaren dargestellt. Einige Hindu-Religionen, wie die Jains und Sikhs, schreiben ihren Anhängern sogar in der heutigen Zeit vor, lange Haare zu tragen. Indische Frauen assoziiert man überall auf der Welt mit langem, dickem Haar.

Wie schaffen es die Inder und Inderinnen, ihre Schönheit zu erhalten? Dabei hilft das Wissen des Ayurveda, das sich seit Jahrhunderten bewährt hat und von vielen Generationen von Menschen erprobt wurde. Ayurveda zielt darauf ab, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen Körper, Geist, Emotionen, Seele und Umwelt; Ayurveda unterstützt die Fähigkeit des menschlichen Körpers, sich durch natürliche Heilmittel, richtige Ernährung und rechtzeitige Reinigung selbst zu regenerieren. Viele medizinische Entdeckungen, die heute als sensationell dargestellt werden, sind längst bekannt und von ayurvedischen Ärzten bereits dokumentiert.

Haarpflege nach Ayurveda

Wer möchte kein schönes und gesundes Haar haben? Schließlich ist das Haar einer der wichtigsten Aspekte des Aussehens und steht nach dem Gesicht an zweiter Stelle. Hätte das Haar im kollektiven Gedächtnis nicht eine so wichtige Bedeutung, gäbe es keine milliardenschwere Haarpflegeindustrie. Das Problem ist nur, dass viele dieser Produkte schädliche Chemikalien enthalten, die sich sowohl auf das Haar als auch auf lebenswichtige Körpersysteme wie das endokrine System und das Nervensystem negativ auswirken können. Außerdem wirken die meisten Produkte nur oberflächlich und vorübergehend und schädigen oft das Haar und die Kopfhaut bei der Pflege.

Im Ayurveda ist die Pflege der Haare systematisch, individuelle Eigenschaften werden berücksichtigt und es wird darauf abgezielt, die Ursache des Problems zu beseitigen, die oft tiefer liegt, als es den Anschein hat.

Eines der grundlegenden Prinzipien des Ayurveda besagt, dass die Kraft des Agni, des Verdauungsfeuers, die Qualität der Nährstoffe bestimmt, die die Gewebe des Körpers, einschließlich der Haare, erhalten. Die Gesundheit der Haare beginnt also mit der Nahrung, die wir zu uns nehmen, und hängt wesentlich von unserem Verdauungssystem ab. Da alle Körpersysteme miteinander verbunden sind, können sich auch andere Faktoren auf das Haar auswirken: ein Ungleichgewicht der Doshas, Vererbung oder die Art und Weise, wie man sein Leben führt.

Laut Ayurveda ist das Haar ein Produkt des Knochengewebes, ähnlich wie Nägel und Zähne, wodurch diese Gewebe miteinander verbunden sind. Haare sind auch mit dem Nervensystem und dem Darm verbunden, daher wirkt sich eine Verschlechterung eines dieser Systeme auch auf das Haar aus.

Chronischer Stress oder schwere emotionale Belastungen können sich negativ auf den Zustand der Haare auswirken. Heutzutage sind nur wenige Stressquellen wirklich lebensbedrohlich, aber das Nervensystem weiß das nicht. Daher bleibt die Menge der unter Stress ausgeschütteten Hormone die gleiche, egal ob eine Person zu spät zur Arbeit kommt oder vor einem Raubtier flieht.

Die Stressreaktion führt zu einer Umverteilung der körperlichen Ressourcen, damit man eine Gefahrensituation überlebt: Die Herzfrequenz steigt, es wird mehr Energie für das Gehirn und die Muskeln freigesetzt, während das Verdauungs- und Immunsystem langsamer arbeiten. Diese Anpassung der Körperfunktionen ist kein Problem, wenn die Person nicht oft mit Stress konfrontiert ist. Chronischer Stress entzieht jedoch vielen Geweben des Körpers wichtige Nährstoffe und kann dazu führen, dass diese Gewebe ausgezehrt werden. In einer solchen Situation ist das Knochengewebe geschwächt, und infolgedessen leidet das Haar. Dies deutet darauf hin, dass die Beseitigung von Stressfaktoren im Leben ein wichtiger Schritt bei der Haarpflege oder Wiederherstellung der Haargesundheit sein kann.

Die Haare spiegeln oft die individuelle Konstitution eines Menschen wider - die einzigartige Balance von Vata, Pitta und Kapha. Im Allgemeinen enthält die Körperstruktur eines jeden Menschen alle drei Doshas, und auch das Haar drückt eine Kombination verschiedener Eigenschaften aus. Mit anderen Worten: Es ist selten, dass eine Person ausschließlich Haare vom Vata-, Pitta- oder Kapha-Typ hat.

Haar des Typs Vata

Es ist feines, weiches, glattes Haar und relativ stark porös. Wenn das Vata-Dosha aus dem Gleichgewicht ist, werden Kopfhaut und Haare trocken. Es kommt häufiger vor, dass man Haare verliert und die Haarspitzen brechen.

Haar des Typs Pitta

Gesundes Pitta-Haar ist normalerweise gewellt oder gelockt und von mittlerer Dicke. Ein Ungleichgewicht von Pitta führt zu Haarausfall, vorzeitigem Ergrauen der Haare sowie zu Entzündungen und Rötungen der Kopfhaut.

Haar des Typs Kapha

Kapha-Haar ist oft dick und lockig. Überschüssiges Kapha führt zu übermäßiger Talgproduktion, zu Juckreiz, fettigen Schuppen und Haarausfall.

Der Schlüssel für die richtige Behandlung und Pflege der Haare ist es zu wissen, zu welchem Haartyp das eigene Haar gehört und wie das aktuelle Dosha-Verhältnis im Körper ist. Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erinnern, dass der ayurvedische Ansatz nicht darauf abzielt, die Natur des Haares zu verändern, sondern es zu verbessern. Dies ist ein wichtiger Punkt, da viele Menschen ihr Haar als „nicht richtig“ betrachten und versuchen, es zu verändern. Es ist wichtig zu lernen, die eigene einzigartige natürliche Schönheit zu respektieren und anzunehmen.

Ayurvedische Haarpflege-Produkte

Die ayurvedische Haarpflege umfasst verschiedene Präparate zur Behandlung und Wiederherstellung der Haare. Neben Shampoos sind auch Masken aus heilenden Ölen und Puder sehr verbreitet. Viel Aufmerksamkeit wird der Massage, dem richtigen Waschen, Kämmen und Haareschneiden geschenkt.

Die Massage der Kopfhaut mit Ölen wirkt verjüngend, nährt und stärkt die Kopfhaut. Bei der Wahl des Öls ist es wichtig, zu welchem Dosha-Typ das Haar gehört. Es wird empfohlen, das Öl bis zu drei Mal pro Woche anzuwenden, aber das hängt ganz vom individuellen Haar und den eigenen Bedürfnissen ab. Kapha-Haare können zum Beispiel weniger häufig mit Öl gepflegt werden, Vata-Typen häufiger. Es ist am besten, das Öl 20-30 Minuten auf dem Kopf zu lassen und die Haare dann zu waschen. Wenn möglich, sollte man diese Maske aus Öl länger auf der Kopfhaut lassen.

Wie verwendet man das Öl richtig? Man trägt das warme Öl auf die Kopfhaut auf und massiert es in kreisenden Bewegungen 10-15 Minuten lang vom Scheitel bis zu den Ohren und dem Nacken. Das Öl trägt man auf die gesamte Länge der Haare auf.

Diese Massage fördert die Blutzirkulation und sorgt dafür, dass die Nährstoffe bis in die tiefen Schichten der Kopfhaut vordringen. Sesamöl und Mandelöl können verwendet werden, die Öle Brahmi, Dashamoola und Amla haben sich als gut erwiesen.

Churna (Kräuterpulver)-Haarmasken sind eine der wirksamsten Methoden der Vorbeugung und Behandlung der Haare. Diese Behandlung erhält die Gesundheit der Haare und der Haut und hilft, Stress und Ängste zu bekämpfen. Es wird empfohlen, die Masken ein- bis zweimal pro Woche anzuwenden.

Verschiedene Churnas (Kräuterpulver) eignen sich gut zum Auftragen von Masken: Amla, Ashwagandha, Dashamula, Henna und andere. Das Pulver wird mit Wasser, Milch oder Kräutersud verdünnt und von den Haarwurzeln bis zu den Haarspitzen aufgetragen. 30-40 Minuten einwirken lassen und dann mit Wasser ausspülen.

Die Haarwäsche

Neben ayurvedischen Kräutershampoos werden Pflanzen mit „seifigen“ Eigenschaften häufig für das Waschen der Haare verwendet: Rita (Waschnuss), Shikakai (Seifenschale), Hibiskusblüten, Triphala Churna. Es wird empfohlen, das Haar nicht öfter als zwei- bis dreimal pro Woche zu waschen.

Haarbehandlungen nach Ayurveda

Ayurveda bietet viele Rezepte, die das Haar schön und gesund erhalten können, ohne Nebenwirkungen oder Schaden für den Körper.

Bhringaraj

Bhringaraj lindert Juckreiz und Reizungen, erhöht die Durchblutung der Kopfhaut, stärkt die Haarfollikel und fördert das Haarwachstum. Es reduziert das Stressniveau durch eine verbesserte Durchblutung der Kopfhaut und wird am häufigsten als Massageöl verwendet.

Brahmi

Brahmi ist ein traditionelles ayurvedisches Mittel, das bei geschwächten Haarfollikeln eingesetzt wird. Brahmi-Öl enthält ein Alkaloid, das das Haar stärkt.

Es reduziert Stress und verbessert die Stimmung.

Es pflegt trockene und geschädigte Kopfhaut.

Es senkt den Cortisolspiegel, ein Stresshormon.

Man kann Brahmi-Churna (in Pulverform) oder Brahmi-Öl verwenden.

Bockshornklee

Bockshornklee ist ein beliebtes Mittel, das aufgrund seines Gehalts an Vitamin A, C, K und Folsäure sehr wirksam ist. Die Samen des Bockshornklees enthalten Nikotinsäure, die Haarausfall verhindert, Schuppen beseitigt und bei anderen Kopfhautproblemen hilfreich ist.

Man weicht die Bockshornkleesamen 8-10 Stunden ein und zerkleinert sie dann im Mixer, bis eine Paste entsteht. Auf die Kopfhaut auftragen, eine halbe Stunde einwirken lassen und dann mit warmem Wasser abspülen.

Amla

Amla enthält Vitamin C und Antioxidantien, hilft bei der Bekämpfung von Schuppen, lindert Juckreiz und normalisiert die Funktion der Talgdrüsen.

Um Schuppen zu bekämpfen, nimmt man zwei Esslöffel Amla-Öl und vier bis fünf Tropfen Zitronensaft. Die Mischung trägt man auf die Kopfhaut auf und lässt sie 20 Minuten einwirken. Mit Shampoo ausspülen und diese Prozedur zweimal pro Woche wiederholen.

Amla-Öl ist wirksam bei vorzeitigem Ergrauen der Haare. Diese Wirkung wird durch den hohen Eisengehalt der Pflanze erreicht. Zur Vorbeugung kann eine Maske aus Öl oder Amla-Pulver verwendet werden. Das Amla-Öl lässt man über Nacht einwirken und die Churna-Maske kann nach 20-30 Minuten abgewaschen werden.

Dashamula

Dashamula stärkt das Haar, beseitigt Juckreiz, Reizungen und Schuppen. Dashamula (Dashamoola) für das Haar wird sowohl in Öl- als auch in Pulverform verwendet: Beide sind großartig für die Wiederherstellung und Behandlung der Haare.

Dashamula-Öl erwärmt man und trägt es dann auf das Haar und die Kopfhaut auf. Einige Minuten lang massiert man damit die Kopfhaut und lässt es mindestens 30 Minuten einwirken. Gründlich ausspülen.

Dashamula-Pulver mit warmem Wasser zu einem Brei verrühren und auf Haar und Kopfhaut auftragen. Die Maske wäscht man nach 20-30 Minuten ab.

Es wird empfohlen, das Haar mit einem Sud aus Dashamula-Pulver zu spülen. Zuerst übergießt man ein Liter kochendes Wasser mit einem Esslöffel Pulver. 15-20 Minuten ziehen lassen oder fünf Minuten bei schwacher Hitze ziehen lassen. Absieben und das Haar damit spülen.

Ayurveda sagt, dass alles, von gesundem Haar bis hin zu einem gesunden Herzen, von einem Gleichgewicht und emotionalem Wohlbefinden abhängt. Dies kann durch das ayurvedische Lebenskonzept erreicht werden, das einen bewussten Lebensstil, die richtige Ernährung und regelmäßige Entspannung umfasst.

Empfohlen wird eine Umstellung auf natürliche pflanzliche Haarprodukte und das Vermeiden von Föhnen und Hitzestyling wie Glätte-Eisen oder Lockenstäbe. Dies führt zu irreparablen Schäden an Haar und Kopfhaut. Aber auch wenn das Haar bereits mit den Produkten der modernen Schönheitsindustrie in Berührung kam, ist es nie zu spät, es zu revitalisieren und seine natürliche Schönheit wiederherzustellen.